
Esther Liebkind
Psychologin & Mutter
Esther Liebkind wurde 1954 in Nordhausen geboren. Sie absolvierte eine sachliche, klassische Ausbildung in Psychologie mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie — nicht aus innerer Überzeugung, sondern weil eine solide Karriereplanung es erforderte. Ihre wahre Neigung galt der jungianischen Psychologie und den Symbolsystemen des Unbewussten, doch dieser Pfad schien ihr damals zu unpraktisch.
Seit einigen Jahren lebt sie in einem modernen, freistehenden Haus am Waldrand von Windbergen, in einer kleinen, ruhigen Straße, die offiziell zur Stadt gehört, sich aber wie eine andere Welt anfühlt. Sie fühlt sich nicht besonders verbunden mit Windbergen – es ist funktional, nicht mehr.
Esther ist Mutter einer erwachsenen Tochter, Zoë, die noch bei ihr wohnt. Zoë hatte das Potenzial für ein Universitätsstudium, doch seit einiger Zeit arbeitet sie nur noch einige Tage pro Woche bei der EDEKA. Esther macht sich Sorgen: über ihre Zukunft, ihre Antriebslosigkeit, ihren Hang zu merkwürdigen Hobbys.
In ihrer Praxis, die sie im Anbau ihres Hauses führt, behandelt Esther hauptsächlich Klienten aus Nordenhaus und Umgebung. Sie hört zu, stellt Fragen, bleibt professionell. Doch innerlich hat sie viele ihrer Klienten bereits klassifiziert — manche mit Ironie, manche mit kaum verhohlener Gereiztheit.
„Wenn ein Hypochonder über Herzstolpern klagt, denkt sie an das eigene Stechen in der Brust. Wenn eine weinende Klientin sich in Selbstmitleid verliert, fragt sie sich, ob sie selbst nicht auch gerade am Rand eines Nervenzusammenbruchs steht."
Diese Irritationen kanalisiert sie heimlich in kleine, handgefertigte Voodoo-Püppchen, die sie mit deutschen Spitznamen versieht. Jedes Püppchen steht für einen Typus, den sie häufig begegnet: „Der Schmutzige Mann", „Das Tränenkind", „Die Zählerin", „Der Spiegelmann" — Figuren aus einer Schattenwelt der Übertragung und Gegenübertragung.
Esther wirkt auf den ersten Blick ruhig, kompetent, leicht distanziert. Doch unter dieser Oberfläche liegt eine nervöse Spannung. Wenn sie sich unbeobachtet fühlt, nestelt sie an ihren Ärmeln, schlägt eine imaginäre Fliege weg oder presst die Lippen aufeinander.
„Und wenn sie allein ist, im Dämmerlicht ihres Arbeitszimmers, dreht sie manchmal ein Püppchen in der Hand. Nicht aus Bosheit. Sondern um nicht zu vergessen, wer hier eigentlich wen behandelt."
„Die Gespräche zwischen Mutter und Tochter sind oft von Unverständnis geprägt – beide leben in getrennten Innenwelten, mit gelegentlichen Brücken aus Müdigkeit oder Zärtlichkeit."
– Aus den Aufzeichnungen
Die Kollektion Liebkind
Voodoo, Verarbeitung und Verzeichnung
„Ich kann sie nicht therapieren, aber ich kann sie nähen."
– Esther Liebkind, 1994


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Die Klagefrau
Weint beim Wetterbericht. Schluchzt in der Pause. Und dann nochmal beim Abschied.
Wird von Esther manchmal umgedreht gelagert — damit der Blick nicht so bohrt.