Nachtschwestern
Sie arbeiten tagsüber im Gemeindehaus –
zwischen Akten, Formularen, Stempeln und Stille.
Doch wenn der Abend fällt und die Fenster des Marktplatzes dunkel werden,
nehmen sie den Hörer ab.
Dann beginnt ihr zweiter Dienst:
eine Leitung, die niemand kennt,
eine Verbindung zwischen Einsamkeit, Ordnung und Verlangen.
Sie nennen sich selbst Nachtschwestern –
nicht aus Frömmigkeit, sondern aus Pflichtgefühl gegenüber dem Geheimnis.

Irmgard Lentz
Die Strenge
Irmgard Lentz, 42 Jahre alt, arbeitet seit fast zwanzig Jahren im Gemeindehaus von Windbergen – von den Einwohnern „der Bunker" genannt. Sie ist dort zuständig für Archivierung, Aktenführung und Statistiken. Ihre Handschrift ist gleichmäßig, ihre Haltung korrekt, ihre Pünktlichkeit sprichwörtlich.
Man sagt, sie habe ein Gedächtnis wie ein Register: geordnet, zuverlässig, schweigend. Sie spricht wenig, aber wenn sie etwas sagt, klingt es wie ein Bericht – klar, sachlich, unaufgeregt. Ihre Kleidung ist schlicht, fast uniformartig; nur eine kleine goldene Brosche, gekauft in Nordenhaus, unterbricht das Grau. Sie hält sie für ein religiöses Symbol, ohne zu wissen, dass es in Wahrheit ein altes MAZE-Zeichen ist.
Irmgard lebt mit ihrer Schwester Roswitha über Olga Schopenhauer's Souvenirladen auf dem Marktplatz. Ihre Wohnung ist ordentlich, leise, voller Papier, Porzellantassen und einem Telefon mit gedrehtem Kabel. Freitagabend, nach Dienstschluss, beginnt ihr zweites Amt: Sie wird eine der Nachtschwestern – Hüterin der Stimmen, Aufseherin über Ordnung und Geheimnis. Sie schreibt Protokolle, zählt Anrufe, vergibt Nummern. Niemand weiß, ob aus Pflichtgefühl oder Faszination.

Roswitha Lentz
Die Sanfte
Roswitha Lentz, 42 Jahre alt, arbeitet ebenfalls im Gemeindehaus, meist in der Registratur oder beim Posteingang. Sie ist freundlicher, geselliger als ihre Schwester – man grüßt sie auf dem Markt, sie lächelt, nickt, sagt „Morgen". Sie trägt gern dieselben Blusen, seit Jahren gepflegt und sorgfältig geflickt; ihre Lieblingsbluse – schwarz mit kleinen goldbraunen Blumen – kostete einmal 120 DM in Nordenhaus, und sie trägt sie mit stillem Stolz.
Roswitha glaubt an Menschen, an Gespräche, an kleine Zeichen. Sie liebt das Telefon, nicht wegen der Technik, sondern wegen der Stimmen – sie hört, was andere nicht hören: Pausen, Atmung, das Unausgesprochene. In ihr wohnt eine feine, sanfte Ironie. Während Irmgard die Leitung bewacht, hält Roswitha sie lebendig.
Abends, wenn die Lava-Lampe zu glühen beginnt und der erste Anruf kommt, wird sie ruhiger, konzentrierter. Sie nennt es nicht Arbeit, sondern „Dienst am Geheimnis". Und manchmal, wenn Irmgard schon schläft, bleibt sie noch kurz sitzen – die Hand auf dem Telefon, als würde sie jemandem gute Nacht sagen.
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Vorbereitung der Leitung
Freitag.
Die Arbeit im Gemeindehaus ist vorbei, die Stadt wird still.
Ein Regen zieht über den Marktplatz, die Lichter spiegeln sich in den Pfützen.
In der Wohnung über Olgas Souvenirstube beginnen die Schwestern mit ihren kleinen Ritualen:
Tee, Notizblöcke, ein Telefon, das bald zum Tor der Nacht wird.
Sie reden kaum.
Alles folgt einem gewohnten Ablauf – ruhig, ordentlich, fast zärtlich.
Nur die Lava-Lampe braucht ein paar Minuten, um warm zu werden.
Dann bewegt sich etwas – langsam, rhythmisch, wie ein Atemzug.
15:45
Gemeindehaus (Kantine)
1 von 5
Und manchmal, wenn die Leitung noch stumm bleibt,
meinen sie, im Glas der Lampe ein Gesicht zu sehen –
nicht ihres, nicht seines –
vielleicht Ludmilla
Schwester Ludmilla oder: Die Lava‑Krankenschwester
Eine Erfindung? Eine Erinnerung? Oder einfach nur freitags immer früher Feierabend?
Das Krankenhaus Windbergen

Ein kleines, kommunales Krankenhaus am Rand des Dorfes Windbergen. Das Gebäude war unscheinbar, zweckmäßig und dennoch von einer stillen Würde.
Hier wurden Kinder geboren, Wunden genäht, Lungen abgehört und Schicksale verwaltet. Der Geruch von Desinfektionsmittel mischte sich mit Kaffee aus der Personalstube, und nachts klangen Schritte auf dem Linoleumboden wie ferne Signale.
Zwischen Ordnung und Müdigkeit schlich sich manchmal etwas anderes ein – ein Lächeln, ein Schatten, ein Flüstern hinter einer Tür, das vielleicht den Namen Ludmilla trug.

Der Flur – Krankenhaus Windbergen
Ein leerer, linoleumbedeckter Gang mit gleichmäßiger Beleuchtung. Links ein Wagen mit Handtüchern, rechts geschlossene Türen. Der Raum atmet Ordnung und Müdigkeit, als wäre hier jede Bewegung gehört worden.

Dr. Freulings Geburtstag, November 1965. Die Lava-Lampe: Geschenk, Objekt, Resonanzkörper.
„Ich halte nichts von Spuk. Aber ich halte viel von Verdichtung.
Wenn man lange genug arbeitet, allein, nachts, mit Schichtprotokollen und Kaffee,
dann beginnt man nicht zu halluzinieren – man beginnt zu spüren.
Die Lava‑Lampe, die ich damals zum Geburtstag bekam, war nicht magisch.
Aber sie war aufmerksam."
– Dr. Freuling, Rückblick 1982
Fundstück: Umschlag aus dem Archiv

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KRANKENHAUS WINDBERGEN
1974 – 1980
Notiz (handschriftlich, kaum lesbar):
„Nicht ohne Handschuhe öffnen. Rückgabe an Schwester I. nach Sichtung."
Der Umschlag tauchte im Februar 1998 in einem Schrank im verlassenen Verwaltungsflügel auf. Niemand weiß, wer ihn dort abgelegt hat — laut offiziellem Inventar war der Raum seit 1982 versiegelt.
Die beiden beiliegenden Polaroids sind nicht beschriftet. Sie zeigen unterschiedliche Situationen, aber immer dieselben vier Personen, in wechselnder Zusammensetzung. Drei davon konnten inzwischen identifiziert werden:
- – Ada R., ehemalige Pflegerin (auch bekannt als „die Kogelstoßerin")
- – Ludmilla S., entlassen wegen "grenzüberschreitenden Verhaltens"
- – Frau M. Schopenhauer, Mutter von Helga und Olga, Assistentin von Dr. Freuling
Die vierte Person bleibt unbenannt. Auf Rückseite eines Bildes steht mit Bleistift nur:
„Spiegelbild? Oder war sie wirklich da?"
Das Wort MAZE auf der Spiegelkachel im Hintergrund wurde offenbar später eingeritzt — mit einem Skalpell oder einem ähnlich feinen Instrument.
Nummernlotterie der Nächte
Ein Telefon wie aus dem Souvenirgeschäft einer anderen Realität.
Die Zentrale befindet sich über dem Laden von Olga –
dort, wo der Staub auf Lavendelseife trifft und die Zeit ein bisschen klebt.
Neun Nummern. Eine leere Null.
Drehen Sie. Drehen Sie noch einmal.
Vielleicht erwischt Sie ein Wiederholer.
Vielleicht spricht Irmgard.
Vielleicht hören Sie nur sich selbst.
Jede Ziffer bringt ein neues Gesicht auf das Display.
Die Stimme folgt bald.
Willkommen bei der Nummernlotterie der Nächte.
Wer anruft, spielt mit.
Wer zuhört, vielleicht auch.
Das Ruforakel
Zwei Schwestern nehmen die Anrufe entgegen.
Eine Dritte antwortet manchmal — obwohl sie nie geboren wurde.
Und drei Stimmen aus Porzellan schweigen selten, aber endgültig.
Wer hier anruft, hört nicht immer, was er hören will.
Aber vielleicht, was er schon weiß.

Irmgard
Anruf-Schwester
Streng, sachlich, ruhig. Sie eröffnet die meisten Gespräche und spricht mit der Gelassenheit einer ehemaligen Krankenschwester. Ihre Stimme ist klar, mit einem leichten Akzent. Man fühlt sich zugleich sicher und beobachtet.

Roswitha
Anruf-Schwester
Ironisch und kontrolliert. Sie stellt Fragen, die wie Nebel wirken: harmlos beim ersten Hören, aber später scharf. Ihre Pausen sind bedeutungsvoller als ihre Sätze. Wenn sie lacht, tut es kurz pijn.

Ludmilla
Stimme oder Erfindung
Ob sie je wirklich existierte, weiß niemand. Ludmilla erscheint manchmal in der Leitung – mit samtiger, fast müder Stimme. Ihre Geschichten wirken fremd und zu nah zugleich. Sie weiß Dinge, die niemand gesagt hat.

MirriM
Puppen-Göttin
Die kalte. Entstanden aus Neid, entstanden aus 1974. Wenn sie spricht, klingen ihre Worte wie zerbrochene Anweisungen – hart, rhythmisch, prophetisch. Ihre Stimme erinnert an Tonbandgeräte aus dem Keller. Sie spricht selten, aber wenn, dann mit Wirkung.

Agathe
Puppen-Göttin
Die Älteste. Sie fragt statt zu antworten. Ihre Stimme ist langsam, feierlich, als ob sie durch Marmor gefiltert wird. Manchmal spricht sie rückwärts oder in Schleifen. Niemand weiß, ob sie sich erinnert oder träumt.

Die mit der Zweiten Haut
Puppen-Göttin
Die Spiegelnde. Ihr Gesicht ist glatt wie Glas. Wer sie ansieht, erkennt sich selbst – oder Beate. Sie bewegt sich wie eine Schauspielerin im Standbild. Wenn sie spricht, wiederholt sie alte Sätze, aber nie ganz gleich.
📞 TIP: TAP A NUMBER
Das Ruforakel
Zwei Schwestern nehmen die Anrufe entgegen.
Eine Dritte antwortet manchmal — obwohl sie nie geboren wurde.
Und drei Stimmen aus Porzellan schweigen selten, aber endgültig.
Wer hier anruft, hört nicht immer, was er hören will.
Aber vielleicht, was er schon weiß.

Irmgard
Anruf-Schwester
Streng, sachlich, ruhig. Sie eröffnet die meisten Gespräche und spricht mit der Gelassenheit einer ehemaligen Krankenschwester. Ihre Stimme ist klar, mit einem leichten Akzent. Man fühlt sich zugleich sicher und beobachtet.

Roswitha
Anruf-Schwester
Ironisch und kontrolliert. Sie stellt Fragen, die wie Nebel wirken: harmlos beim ersten Hören, aber später scharf. Ihre Pausen sind bedeutungsvoller als ihre Sätze. Wenn sie lacht, tut es kurz pijn.

Ludmilla
Stimme oder Erfindung
Ob sie je wirklich existierte, weiß niemand. Ludmilla erscheint manchmal in der Leitung – mit samtiger, fast müder Stimme. Ihre Geschichten wirken fremd und zu nah zugleich. Sie weiß Dinge, die niemand gesagt hat.

MirriM
Puppen-Göttin
Die kalte. Entstanden aus Neid, entstanden aus 1974. Wenn sie spricht, klingen ihre Worte wie zerbrochene Anweisungen – hart, rhythmisch, prophetisch. Ihre Stimme erinnert an Tonbandgeräte aus dem Keller. Sie spricht selten, aber wenn, dann mit Wirkung.

Agathe
Puppen-Göttin
Die Älteste. Sie fragt statt zu antworten. Ihre Stimme ist langsam, feierlich, als ob sie durch Marmor gefiltert wird. Manchmal spricht sie rückwärts oder in Schleifen. Niemand weiß, ob sie sich erinnert oder träumt.

Die mit der Zweiten Haut
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Die Spiegelnde. Ihr Gesicht ist glatt wie Glas. Wer sie ansieht, erkennt sich selbst – oder Beate. Sie bewegt sich wie eine Schauspielerin im Standbild. Wenn sie spricht, wiederholt sie alte Sätze, aber nie ganz gleich.
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