Anke Müller
Gastgeberin & Zuhörerin
Anke Müller lebt am Rande von Windbergen, in einem Gästehaus ohne Werbung, aber mit festen Stammgästen. Wer dort übernachtet, sagt oft, dass es „still, aber angenehm“ war – wie sie selbst. Anke ist höflich, zurückhaltend und auf eine eigentümliche Weise aufmerksam.
Viele im Ort finden sie kühl oder seltsam. Vielleicht, weil sie nie plaudert, nie fragt, und sich alles merkt. Doch wer sich wirklich anständig benimmt, merkt schnell: Anke ist fair.
Sie trägt stets dezente Kleidung in Grau- und Blautönen. Ihr Blick ist klar. Man weiß nie genau, ob sie zuhört – oder schon verstanden hat, was man nicht gesagt hat.
„Anke stellt keine Fragen. Und das ist manchmal… angenehmer, als man glaubt.“
– H. Schoppenhauer
„Jeden Dienstag, exakt um 17:42 Uhr, dreht sie den zweiten Schlüssel im Gartentor. Nie früher, nie später. Die 13. Stufe knarrt – aber nur, wenn man es nicht erwartet.“
GÄSTEHAUS MÜLLER
Vertrauenswürdig. Ruhig. Diskret.
Ein schlichter, zweigeschossiger Bau am Waldrand von Windbergen.
Die Fassade ist weiß, aber wirkt grau. Auf dem Giebel prangt die Jahreszahl 1563 – bedeutungslos, aber eindringlich. Das Gebäude ist still. Die Fenster identisch. Die Tür schliesst geräuschlos.
Davor: Ein silbernes Auto. Niemand weiß van wie. Drei Gartenwichtel blicken zur Wand.
ZIMMER 2B
Ein Bett, das immer gemacht ist
Ein Bild, das aussieht wie ein Testbild für Traurigkeit
Ein Tisch mit zwei Stühlen, einer ist nie verschoben
Ein Glas Wasser. Immer halbvoll.
Fernseher vorhanden, Ton standardmäßig deaktiviert
Alles ist sauber. Alles ist richtig. Und doch ist niemand gerne hier.
"Diese Zimmer sind nicht trostlos. Sie sind trostvermeidend."
DUSCHE
Weiße Fliesen. Neonlicht. Duschvorhang aus Kunststoff. Alles scheint hygienisch, aber entzogen.
Der Spiegel beschlägt leicht. Niemand sieht sich ganz.
Hier spricht man manchmal mit sich selbst. Oder gar nicht. Das Mikrofon befindet sich unter dem Handtuchhalter.
INSERAT (1995)
Menschen mit Bedarf nach Klarheit. Gäste mit Sinn für Struktur. "Hier schläft man. Punkt."
Frühstück: 08:00–8:30 Uhr Keine Haustiere. Keine Ausnahmen. Keine Gespräche beim Check-in.
6.02.1997 — C. Weber, Nordenhaus"Sauber, ruhig, genau richtig für eine Nacht auf der Durchreise. Das Frühstück war zweckmäßig. Danke."
09.07.1996 — Ehepaar Krause, Dortmund"Angenehm nüchtern. Kein Schnickschnack. Kein Gerede."
28.11.1995 — Unleserlich"Still. Mehr braucht man nicht."
DAS ZIELFrau Anke Müller hat dieses Haus eingerichtet für Menschen, die nichts mehr zu sagen haben – oder es zu laut gesagt haben.
Nicht om sie zu heilen. Nicht om sie zu trösten. Sondern om festzuhalten, was zwischen dem Gesagten liegt.
Gästehaus Müller – Der Abhörraum
Hier wird nichts vergessen.
Jede Stimme, jedes Zögern, jedes leise Wort bleibt.
Wählen Sie ein Band. Lauschen Sie, was die Nacht offenbart.
„Wer Anke einmal wirklich zugehört hat, weiß: Stille ist manchmal die ehrlichste Antwort.“
– Aus dem Gästebuch